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Gott im Spiegel – Der Riss im Altar
1. Bildlicher Auftakt
Der Riss zieht sich durch den Altar wie eine Narbe.
Nicht von Menschenhand gemeißelt, sondern von einem Gedanken, der sich befreit hat.
Ein feiner Spalt nur – aber das Licht, das daraus strömt, reicht bis an die Decke.
Dort, wo einmal Opfer dargebracht wurden, ist nun ein Spalt in der Logik der Welt.
Die Steine zittern nicht. Aber etwas im Denken beginnt sich zu verschieben.
2. Der Altar als Zeichen
Der Altar – seit jeher der steinerne Ort der Übergabe.
Blut, Rauch, Gaben. Versöhnung durch Zerstörung.
Ein Brandopfer als Zeichen, dass etwas geopfert wurde, um das Ganze zu retten.
Doch heute: ein leerer Tisch.
Der Mensch kniet nicht mehr nieder – aber vielleicht auch nur, weil der Tisch nichts mehr verheißt.
Die Frage bleibt: Wer opfert hier eigentlich wen – und wozu?
3. Der moderne Riss: Opfer der Erkenntnis
Wir opfern keine Lämmer mehr.
Wir opfern Erkenntnis.
Wir opfern Zweifel.
Wir opfern Vernunft auf dem Altar der Behaglichkeit.
Das Licht, das durch den Riss dringt, blendet – also wenden wir uns ab.
Denn wer heute fragt, stört die Inszenierung.
Der neue Priester trägt ein Mikrofon, keine Wundmale.
Er beruhigt statt zu erschüttern.
Die Wahrheit wird inszeniert – nicht gesucht.
4. Der Spiegel Gottes – als Bruchstelle
Vielleicht ist der Altar nicht mehr Opferstätte, sondern ein Spiegel.
Und der Riss im Stein ist kein Makel, sondern ein Durchblick.
Ein Gott, der sich selbst spiegelt – und erschrickt vor dem, was er sieht:
Nicht Gehorsam, sondern Automatisierung.
Nicht Liebe, sondern Strategie.
Nicht Suche, sondern Beruhigung.
Der Spiegel bricht.
Aber in den Splittern erkennen wir uns – neu, zerbrechlich, wach.
5. Kurze These
Der Riss ist nicht der Zerfall.
Der Riss ist der Beginn von Wahrheit.
Was hindurchtritt, ist nicht Licht. Es ist Erkenntnis.